Dienstag, 26. April 2011

Das Hochzeitsfieber, das noch auf sich warten lässt

Aus Zeitgründen betreibe ich diese Woche mal geistigen Raub an mir selbst und veröffentliche hier einen Artikel, der vorige Wochen in zwei mitteldeutschen Kirchenzeitungen erschien:

Vielleicht freuen sich die Souvenirhändler noch mehr als andere über die königliche Hochzeit zwischen Prinz William und Kate Middleton, die sich am 29. April in der Westminster Abbey das Ja-Wort geben werden. Seit Wochen kann man selbst im Supermarkt nicht übersehen, dass sich das Land auf ein Großereignis hinbewegt. Blinkende Ohrringe in den Farben der Flagge Großbritanniens gibt es, kleine Krönchen für kleine Möchtegern-Prinzessinnen, Winkelemente mit dem Union Jack in allen möglichen Ausführungen. Und dann wären da noch die T-Shirts: „It could have been me.“ (Ich hätte es sein können.) steht darauf zu lesen und genau das macht wohl einen Teil der Faszination mancher für die Hochzeit aus. Dass der Prinz nämlich eine Bürgerliche heiratet – der Stoff aus dem Aschenputtelträume sind.
 
Aber natürlich ist Kate Middleton kein Aschenputtel und die Stimmung im Volk ist eher verhalten. In Zeiten, in denen fast alle auf die eine oder andere Weise von den Sparmaßnahmen der Regierung unter David Cameron betroffen sind, in denen es durch die nationale Presse geht, dass die Durchschnittsfamilie seit 1921 nicht mehr so wenig frei verfügbares Einkommen hatte wie im Moment, da will bei nicht wenigen wohl keine rechte Partylaune aufkommen und sicher hilft dabei nicht, wenn bekannt wird, wie kürzlich in verschiedenen Zeitungen vermeldet wurde, dass die Sicherheitsvorkehrungen für die Hochzeit insgesamt um die 20 Millionen Pfund kosten werden – keine andere Großveranstaltung im Königreich hat bis jetzt so viel gekostet.

Doch auch wenn die Stimmung nicht zu vergleichen ist mit der Aufregung um die Hochzeit zwischen Prinz Charles und Diana vor 30 Jahren so gibt es doch genügend Teilzeitroyalisten, die sich auf den Tag freuen – nicht zuletzt sicher auch durch den zusätzlichen Feiertag, der den Arbeitnehmern am Hochzeitstag beschert wird. Auch das Brautpaar selbst hat durch bescheidenes und recht normales Auftreten in der Öffentlichkeit Sympathien gewonnen.

Mit Straßenpartys im ganzen Land soll der große Tag gefeiert werden. David Cameron selbst hat die Kommunen angemahnt, es feierwilligen Organisatoren von Straßenpartys so einfach wie möglich zu machen, diese auch umzusetzen, damit  Nachbarschaften, die sich vielerorts gar nicht mehr kennen, gemeinsam auf das Wohl des jungen Paares anstoßen können. Ingesamt 4000 Straßenpartys seien bis jetzt angemeldet, heißt es aus dem Büro des Premierministers – wobei die Mehrzahl der Partys im traditionell königshausfreundlicheren und reicheren Süden stattfinden werden.

 Rezession hin, Straßenpartys her, viele Frauen in Großbritannien und überall auf der Welt indes interessiert vor allem eine Frage: wie wird das Brautkleid wohl aussehen? Und so wird erwartet, dass mindestens jeder zweite Brite die Hochzeit zumindest vor dem Fernseher verfolgen wird.

Hinzufügen möchte ich in diesem Sinne noch einen Kommentar eines Radiomoderators von heute morgen: "Die Amerikaner lieben diese Hochzeit. Leute, bringt ein bisschen mehr Begeisterung auf, wir können die Amis nicht gewinnen lassen."

Samstag, 16. April 2011

Wahlkampf

In ein paar Wochen sind in unserer Gemeinde Kommunalwahlen. Wir befinden uns im Wahlkampf. Bislang hieß Wahlkampf für mich ein paar Wahlplakate, vielleicht einen Handzettel durch den Briefkasten und ein paar Stände der verschiedenen Parteien auf dem Marktplatz. Aber anscheinend heißt der Wahlkampf hier der Kampf um jeden einzelnen Wähler, besonders wohl um alle potentiellen Stimmen in unserem Haus (also ingesamt zwei Stimmen).

Vorige Woche klingelte es an der Tür. Nichtsahnend öffnete ich die Tür. Vor der Tür standen zwei ältere Herren. Der erste Mann stellte sich kurz als der Kandidat einer größeren Partei für die bevorstehende Wahl vor. Ich hatte gerade ein paar Mütter und ihre Kinder zu Besuch und es tobten ungefähr 10 kleine Kinder durchs Haus. Auf den Gedanken, dass der Besuch jetzt vielleicht gerade etwas unpassend sein könnte, kamen die Wahlkämpfer anscheinend nicht. Der zweite Kandidat drängte mir ein Gespräch über die, naja, was man halt so erzählt im Wahlkampf, auf.  Um ehrlich zu sein, ich hörte nur mit halbem Ohr zu, denn ich konnte gleichzeitig hören, wie irgendwo im Haus etwas klirrend zu Boden fiel. Die beiden Männer schien das jedoch überhaupt nicht zu beeindrucken. Ob ich denn für sie stimmen würde, wollten sie von mir wissen. Zu diesem Zeitpunkt war ich nun schon ziemlich genervt. Niemals würde ich für ihre Partei wählen, erklärte ich ihnen ziemlich schroff. Der erste Kandidat guckte ganz betroffen und traurig. Sofort tat es mir natürlich leid. Im höflichen England so etwas jemandem einfach so ins Gesicht zu sagen. Vielleicht würde ich es mir ja noch mal überlegen, erklärte ich dann etwas versöhnlicher, bevor ich die Tür schloss.

Mittlerweile sind wir nun in Deutschland im Osterurlaub. Der große Autofanatiker rief gerade an. "Heute standen schon zwei Leute von verschiedenen Parteien vor der Tür und wollten, dass ich sie wähle", erzählte er. Dann sagte er noch etwas, aber ich konnte ihn nicht mehr verstehen. "Hallo, Haaaallloooo.", rief ich ins Telefon. "Ich bin unter dem Schreibtisch", flüsterte er. "Hier kommt schon wieder einer." (sein Büro ist im Erdgeschoss und bietet von außen guten Einblick).

Noch sind es ein paar Wochen bis zur Wahl. Was sie sich wohl erst in den letzten Tagen vor der Wahl einfallen lassen werden? Vielleicht mache ich einfach die Tür nicht mehr auf.

Dienstag, 5. April 2011

Vom Murmeln

Wenn sich die Kinder in ihrer Fantasiewelt befinden, dann murmeln sie ständig etwas vor sich hin. Besonders der kleine Autofanatiker ist oft ganz versunken in sich und seiner eigenen Welt. Schon früh beim Aufwachen höre ich, wie er vor sich hin erzählt "KKKKKKKKKK". Nein, er stottert nicht. Er übt die Buchstaben aus der Schule. Auch das Baby hat einen unbegrenzten Mitteilungsdrang. Meist richten sich seine Worte an seine Mitmenschen, aber wenn gerade keiner in der Nähe ist oder mal wieder keiner zuhört, weil zuviel Trubel ist, dann erzählt er sich selbst oder seiner Puppe, was er eben gern loswerden möchte.

Da ist es kein Wunder, dass ich auch schon angefangen habe, vor mich hinzumurmeln. Allerdings richten sich meine Kommentare meistens an Menschen in meiner Umgebung. Also zumindest indirekt. Die Hundebesitzerin aus der Nachbarschaft lässt ihren Hund mal wieder ohne Leine herumrennen, so dass er meine Jungs erschreckt. "Also, kann man denn nicht mal bisschen besser auf seinen Hund aufpassen?!" murmle ich in meinen nicht-vorhandenen Bart. Natürlich würde ich mich nie getrauen, der Frau das persönlich zu sagen. Will ich auch gar nicht, denn ein bisschen vor sich hinzumaulen, ist auch schon sehr schön. Da ich meist mit mindestens einem meiner Kinder unterwegs bin, sieht es im Moment auch noch so aus, als würde ich eigentlich mit den Kindern sprechen. Wenn ich irgendwann wieder einmal ohne Kinder unterwegs bin, muss ich mir das entweder wieder abgewöhnen oder mich damit abfinden, dass ich die verschrobene Alte werde, über die die Kinder in der Nachbarschaft lachen.

Aber das ist ein Problem für die Zukunft. Ein Problem für den Moment ist die Tatsache, dass ich mich sehr schön an das Murmeln  gewöhnt habe in der Annahme, dass mich keiner versteht. Das klappt aber natürlich nur, wenn man auch tatsächlich eine andere Sprache spricht als die meisten Mitmenschen (und auch da ist das wohl manchmal trügerisch). Kürzlich in Deutschland musste ich mir schon einige Male auf die Zunge beißen, um den einen oder anderen Kommentar nicht herausschlüpfen zu lassen. Denn eigentlich will ich ja nicht wirklich gehört werden. Nächste Woche fahren wir für zwei Wochen in den Osterurlaub nach Deutschland. Ich werde mich bemühen, meine Kommentarwut zu beherrschen. Oder im Notfall: "Can't you look after that dog properly?!"